ANOVA mit Messwiederholung: Post-hoc Tests interpretieren
Wie wir bereits erwähnt haben, werden post-hoc Tests berechnet, wenn wir ein signifikantes Ergebnis haben, aber im Vorfeld keine genauen Hypothesen darüber haben, welche Gruppen sich unterscheiden werden. Da uns die ANOVA mit Messwiederholung als Omnibusverfahren lediglich sagt, dass es einen Unterschied zwischen den Gruppen gab, aber nicht wo, macht es Sinn, mit weiteren Tests diese Frage zu beantworten.
SPSS Ausgabe
Die post-hoc Tests stehen in der SPSS-Ausgabe unter dem Punkt Paarweise Vergleiche. Für unseren Datensatz sieht die Ausgabe wie unten aus.
Die Zahlen von 1 bis 4 beziehen sich auf die die Variablen, und zwar in der Reihenfolge, in der wir sie in dem Dialogfenster der ANOVA hinzugefügt haben (in der ersten Tabelle der Ausgabe Innersubjektfaktoren steht noch einmal eine Übersicht über die Nummerierung).
Es gibt insgesamt sechs verschiedene Gruppenvergleiche. Die Anzahl an Gruppenvergleichen richtet sich nach der Anzahl der Messungen, also der Stufen des Innersubjektfaktors. Wenn n die Anzahl der Messungen ist, berechnet sich die Anzahl der Gruppenvergleiche g mit folgender Formel:
\(g = \frac{1}{2}\cdot n\cdot\left (n-1\right )\)
Bei vier Gruppen ergeben sich daraus auch wiederum sechs mögliche Gruppenvergleiche. In der Tabelle von SPSS sehen wir allerdings 12 Vergleiche. Der Grund dafür ist einfach: SPSS macht einen Unterschied zwischen einem Vergleich von Gruppe A vs. Gruppe B und Gruppe B vs. Gruppe A. SPSS berücksichtigt also die Reihenfolge nicht. Schauen wir uns dazu einmal die Tabelle mit den paarweisen Vergleichen noch einmal genauer an:
In den ersten beiden Spalten (I) Gruppe und (J) Gruppe sehen wir, welche beiden Gruppen verglichen werden. Die Spalte daneben, Mittlere Differenz (I-J), ist die Differenz zwischen den Mittelwert aus Gruppe I und Gruppe J. Bei genauerer Betrachtung der der farbig gleichen Zeilen sehen wir, dass die Mittlere Differenz dieselbe ist, nur das Vorzeichen ein anderes. Die Information in beiden Zeilen ist aber essentiell dieselbe. Auch die Spalten für Standardfehler und Signifikanz halten dieselben Werte
Im letzten Teil der Tabelle sehen wir das 95%-Konfidenzintervall. Bei farbig gleichen Zeilen sind Ober- und Untergrenze vertauscht und die Vorzeichen anders. Ansonsten sind auch die Werte in diesen Spalten identisch.
Welche Gruppen sollten wir also interpretieren?
Bei essentiell zwei identischen Gruppen mit unterschiedlichen Vorzeichen stellt sich natürlich die Frage: Welche der beiden Zeilen sollte man interpretieren? Die Antwort ist, dass es nicht wirklich einen Unterschied macht, ob man die eine oder andere Zeile nimmt, solange man die Richtung des Effekts korrekt interpretiert. Dennoch ist es von Vorteil, sich die Gruppen auszusuchen, die für die Fragestellung der Studie den meisten Sinn machen.
In unserem Beispiel haben wir eine Kontrollgruppe. Bei einer Kontrollgruppe, wie sie generell als Referenz verwendet wird, werden Vergleiche im Verhältnis zu ihr durchgeführt. Dasselbe gilt für eine Baseline-Messung. Bei einer Studie ohne Kontrollgruppe würden wir Differenzen nehmen, die für unsere Fragestellung Sinn machen.
Nehmen wir als Beispiel die dunkelblaue Zeile. In der Spalte Mittlere Differenz (I-J) sehen wir die Differenz der Kontrollgruppe und der Lärm-Gruppe. Der Wert 2,237 bedeutet, dass die Kontrollgruppe im Schnitt 2,237 Punkte mehr im Performanztest erreicht hatte, als die Gruppe mit Lärm. Wir testen auf einem Alphaniveau von 5 %. Daher sind Ergebnisse signifikant, bei denen p < .05 ist. Diese Werte werden von SPSS zusätzlich mit einem Sternchen (*) in der Spalte Mittlere Differenz (I-J) markiert.
Ergebnisse berichten
Die Ergebnisse aus der dunkelblauen Zeile könnten wir so in einer wissenschaftlichen Arbeit angeben:
Ein Bonferroni-korrigierter post-hoc Test zeigte eine signifikant (p < .001) höhere Performanz in der Kontrollgruppe, als in der Gruppe mit Lärm (MDiff = 2.24, 95%-CI[1.58, 2.89]).
English
Bonferroni-adjusted post-hoc analysis revealed significantly (p < .001) higher performance scores in the control group than in the group with noise (MDiff = 2.24, 95%-CI[1.58, 2.89]).
Da allerdings alle Paarvergleiche signifikant geworden sind, sollten wir dies auch berichten. Bei dieser Anzahl an Vergleichen würde sich eine Tabelle zur Darstellung anbieten.